Wir in der SPD

der Weg zur Wahl unserer neuen Parteiführung ist jetzt klar. Wir haben in die Partei hineingehört und wir werden in der Wahl unserer neuen Parteiführung einen neuen Weg einschlagen.

Wir wünschen uns, dass sich bei dieser Entscheidung möglichst viele Mitglieder beteiligen. Es wird eine Mitgliederbefragung geben. Das ist uns besonders wichtig. Wir werden zukünftig eine Doppelspitze möglich machen. Deshalb rufen wir Kandidatinnen und Kandidaten sich als Team für eine Doppelspitze zu bewerben. Auch Einzelbewerberinnen und Einzelbewerber sind möglich, sodass unsere Mitglieder eine echte Wahl bei der Mitgliederbefragung haben.

Der Parteivorstand hat heute ein entsprechendes Verfahren entwickelt, beraten und beschlossen. So sieht es aus:

Vor uns liegen jetzt spannende Monate, in denen sich Teams zusammenfinden, sich vorstellen, für sich werben. Denn jedes Team soll eine gemeinsame Vorstellung davon haben, wie es führen will. Persönlichkeiten, die sich vertrauen und aufeinander verlassen können. Ideen für die Zukunft der SPD – und für unser Land. Das gleiche gilt natürlich auch für Kandidatinnen und Kandidaten, die allein antreten wollen.

Wir sind sicher: Das wird ein spannender demokratischer Prozess. Offen, transparent, selbstbewusst. Und besonders: basisdemokratisch! Wir werden einen Wettbewerb von Ideen und Persönlichkeiten erleben. Im Netz und auf regionalen Veranstaltungen.

Und dann werden Du und alle anderen Mitglieder das Wort haben, wer uns in den kommenden Jahren führen soll. Der Bundesparteitag wählt dann unsere neue Parteiführung so wie es unsere Satzung vorsieht.

Unser Weg wird zeigen, dass Politik spannend ist und es sich lohnt, sich einzubringen. Dass es etwas Besonderes ist, Sozialdemokratin und Sozialdemokrat zu sein. Dass Fortschritt heißt, bei sich selbst anzufangen. Mutig und selbstbewusst.

Wir freuen uns auf Euch!

Herzliche Grüße


Neuer Vorsitzender SPD Bezirk Hannover

Matthias Giersch

Der SPD-Bezirk Hannover hat auf einem Parteitag in Lüneburg den Bundestagsabgeordneten Matthias Miersch zum neuen Vorsitzenden gewählt. Mehr als 95 Prozent der Delegierten stimmten für den 50-Jährigen. Miersch tritt die Nachfolge des langjährigen Bezirkschefs Stefan Schostok an. Der frühere Oberbürgermeister von Hannover hatte sich nicht erneut zur Wahl gestellt. Miersch stammt aus Hannover und ist seit 2015 Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundestagsfraktion. Die Partei kommt an diesem Wochenende in der Hansestadt zusammen, da der Unterbezirk Lüneburg zum SPD-Bezirk Hannover gehört.

„End­lich wie­der stolz auf die SPD“

Ju­so-Chef Küh­nert ver­tei­digt Plä­ne zum So­zi­al­staat ge­gen CDU-Kri­tik

HNA Northeimer Neueste Nachrichten, Deutschland 18.02.2019 12 VON DA­NI­EL GÖ­BEL
Kassel – Mit ih­rem Kon­zept für ei­nen mo­der­nen So­zi­al­staat will die SPD ihr lin­kes Pro­fil schär­fen – sehr zum Är­ger des schwar­zen Ko­ali­ti­ons­part­ners. Doch die Kri­tik von der Uni­on sei nichts wei­ter als „lee­re Pa­ro­len“, sagt der Vor­sit­zen­de der Jung­so­zia­lis­ten, Ke­vin Küh­nert, im In­ter­view. Der 29-Jäh­ri­ge war ne­ben Ma­nue­la Schwe­sig fe­der­füh­rend bei der Er­ar­bei­tung des Kon­zepts.
Die CDU sagt, Sie rüt­tel­ten an den Prin­zi­pi­en der So­zia­len Markt­wirt­schaft. Was ent­geg­nen Sie sol­cher Kri­tik?
Das sind nur lee­re Pa­ro­len. Das Ge­gen­teil ist der Fall, der Grund­ge­dan­ke des So­zi­al­staats wird durch un­ser Kon­zept wie­der ge­stärkt. Wir ori­en­tie­ren uns an et­was, das in der Ge­schich­te der So­zi­al­de­mo­kra­tie im­mer ei­ne gro­ße Rol­le ge­spielt hat – am So­zi­al­staat als ei­ner der tra­gen­den Säu­len des Zu­sam­men­le­bens. Was dar­an schäd­lich sein soll, muss mir die Uni­on erst mal er­klä­ren.
Die Kri­tik rich­tet sich vor al­lem an die Grund­ren­te. Die CDU pocht auf ei­ne Be­dürf­tig­keits­prü­fung. War­um sper­ren Sie sich da­ge­gen?
Von FDP und Uni­on wird lei­der der Ein­druck ver­mit­telt, wir hät­ten es im Be­reich der Ar­muts­ren­ten mas­sen­haft Mil­lio­närs­gat­tin­nen zu tun, die wir un­nö­tig ali­men­tie­ren wol­len. Die al­ler­meis­ten Men­schen ha­ben aber ei­ne kla­re Vor­stel­lung, wie das Le­ben von Leu­ten aus­sieht, die 40 Jah­re lang Teil­zeit an der Kas­se ge­ar­bei­tet ha­ben. Ei­ne sol­che Prü­fung führt da­zu, mas­sen­haft Men­schen von die­ser Leis­tung fern­zu­hal­ten. Da­mit wird ei­ne Hür­de auf­ge­baut, die da­rin be­steht, dass Leu­te zum Amt ge­hen müs­sen, dar­um bit­ten müs­sen, un­ter­stützt zu wer­den.
Könn­te dar­an die Ko­ali­ti­on zer­bre­chen?
Bei uns sind al­le sehr ent­schie­den, nicht nach­zu­ge­ben. Das kann ich auch nur emp­feh­len, weil es um die Fra­ge geht, wie Men­schen den So­zi­al­staat wahr­neh­men. Ge­hen sie mit ge­senk­tem Haupt zu Be­hör­den und müs­sen dar­um bit­ten, un­ter­stützt zu wer­den, oder als In­ha­ber von so­zia­len Rech­ten, in dem Wissen, dass ih­nen Re­spekt zu­steht.
Wo se­hen Sie Vor­tei­le für jun­ge Men­schen in Ih­rem Kon­zept?
Ich ge­hö­re nicht der Grup­pe an, die sich ir­gend­wel­che Generationen Konflikte auf­schwat­zen lässt. Es wird im­mer so ge­tan, als wür­den wir nur über al­te Leu­te re­den, wenn es um Rente geht. Wenn wir aber heu­te über Renten Politik re­den, geht es in der Re­gel um die Ren­ten der nächs­ten Ge­ne­ra­ti­on. Mit Blick auf den über­bor­den­den Nied­rig­lohn­sek­tor rollt ei­ne Wel­le von Men­schen auf uns zu, die es vi­el­leicht auch mal mit sehr nied­ri­gen Ren­ten zu tun ha­ben wer­den.
Zu Ih­rem Kon­zept ge­hört auch die Aus­wei­tung von Ho­me­of­fice. Ge­ra­de Men­schen auf dem Land ha­ben aber nicht ein­mal schnel­les In­ter­net. Ist das der zwei­te Schritt vor dem ers­ten? Wir un­ter­strei­chen mit dem Recht auf Ho­me­of­fice, dass wir ge­ra­de im länd­li­chen Raum beim Netz Ausbau vor­an­kom­men müs­sen. Das wird ei­ne Fra­ge bei der an­ste­hen­den Ver­ga­be der 5G-Li­zen­zen sein. Wer sol­che lu­kra­ti­ven Li­zen­zen ha­ben möch­te, der muss ge­zwun­gen wer­den, nicht nur dort zu han­deln, wo die gro­ßen Ge­win­ne ge­macht wer­den kön­nen. Zu lan­ge ha­ben sich die­se Ver­fah­ren haupt­säch­lich an der Wirt­schaft­lich­keit ori­en­tiert. Funk­tio­nie­ren­des In­ter­net ist heu­te je­doch Teil der öf­fent­li­chen Da­seins­vor­sor­ge. So wie flie­ßen­des Was­ser und Strom aus der Steck­do­se. Wir müs­sen bei­des vor­an­trei­ben: das Ar­bei­ten von zu Hau­se aus und den Breit­band­aus­bau.
Wie be­wer­ten Sie die Kom­men­ta­re von Alt­kanz­ler Ger­hard Schrö­der oder Sig­mar Ga­b­ri­el?
Die SPD ist in der letz­ten Wo­che mit den The­men Grund­ren­te und der Er­neue­rung des So­zi­al­staats end­lich wie­der rich­tig in die Of­fen­si­ve ge­kom­men, da hält man sol­che Qu­er­schüs­se dann auch mal aus. Wir spü­ren, dass die Stim­mung in der Par­tei deut­lich nach oben geht, weil die Mit­glie­der end­lich wie­der stolz dar­auf sind, was die SPD macht. Die Stör­feu­er ha­ben uns dies­mal nicht aus der Bahn wer­fen kön­nen.
Das klingt zu­ver­sicht­lich. Sind Sie das auch, wenn Sie an die Eu­ro­pa- oder Land­tags­wah­len den­ken?

Wir ha­ben auch bei der Land­tags­wahl in Hes­sen ge­se­hen, dass kein Er­folg mög­lich ist, wenn der Trend nicht in der Bun­des-SPD nach oben geht. Vie­le Wahl­kämp­fer neh­men es als Rü­cken­wind wahr, was ge­ra­de pas­siert. Das ha­be ich auf der Klau­sur­ta­gung deut­lich ge­merkt. Das ist die bes­te Wahl­un­ter­stüt­zung, die wir bie­ten kön­nen.
Auf wel­che The­men setz­ten Sie für die Eu­ro­pa­wahl?
Wir sind da­bei, un­ser Wahl­pro­gramm fer­tig­zu­stel­len. Da­bei wol­len wir den Spa­gat schaf­fen, dass wir ei­ner­seits mit al­len de­mo­kra­ti­schen Kräf­ten zu­sam­men Eu­ro­pa ge­gen An­grif­fe von rechts ver­tei­di­gen und gleich­zei­tig klar ma­chen, dass auch in­ner­halb des de­mo­kra­ti­schen Blocks dar­über ge­strit­ten wird, in wel­chem Eu­ro­pa wir le­ben wol­len. Wir sind nicht al­le ei­ner Mei­nung und Em­ma­nu­el Ma­cron ist auch nicht un­ser Hei­land.
In wel­chem Eu­ro­pa wol­len Sie denn le­ben?
Wir ge­ben uns nicht mit ei­ner Fi­nanz- und Wirt­schafts­uni­on zu­frie­den. Eu­ro­pa muss ei­nen so­zia­len Fort­schritt für Men­schen brin­gen, die sich noch fra­gen, was sie jen­seits von Frie­den kon­kret an Eu­ro­pa ha­ben. Be­ant­wor­ten wir das nicht, geht manch eu­ro­pa­freund­li­che Stim­me nicht zur Wahl.

 

ARBEIT – SOLIDARITÄT – MENSCHLICHKEIT

EIN NEUER SOZIALSTAAT FÜR EINE NEUE ZEIT

TEIL I: ARBEIT

Mit diesem Konzept eröffnen wir eine Reihe von Reformvorschlägen zum „Sozialstaat für eine neue Zeit“. Antworten für die Sozialstaatsbereiche der Alterssicherung, Gesundheit sowie Pflege und Wohngeld werden folgen. Hier konzentrieren wir uns auf Chancen und Schutz in der neuen Arbeitswelt.

Überblick:

  1. CHANCEN UND SCHUTZ IN DER NEUEN ARBEITSWELT

Ø Den Wert der Arbeit stärken – Mehr Sozialpartnerschaft und Tarifbindung § Mindestlohn perspektivisch auf 12 € anheben
§ Tarifbindung stärken
§ Mehr Mitbestimmung

Ø Neue Erwerbsformen absichern
§ Selbständige in der Alterssicherung schützen
§ Statusfeststellung zwischen abhängig Beschäftigten und Selbständigen beschleunigen § Neuen Arbeitnehmer- und Betriebsbegriff entwickeln

Ø Mehr Zeitsouveränität: Arbeit, die zum Leben passt
§ Ausbau der Brückenteilzeit
§ Einführung der Familienarbeitszeit mit Familiengeld § Einführung eines Persönlichen Zeitkontos

  • Recht auf mobiles Arbeiten und Schutz vor Entgrenzung
  • Ø  Mehr Chancen in der Arbeitswelt
    • §  Qualifizierungschancengesetz weiterentwickeln zu einem Recht auf Weiterbildung und

Qualifizierungsgarantie

    • §  Finanzierung des dritten Umschulungsjahrs
    • §  Weiterentwicklung der BA zu einer Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung
  • Ø  Anerkennung von Lebensleistung in der solidarischen Arbeitsversicherung § Mehr Menschen in den Schutz der Arbeitsversicherung holen
    § Arbeitslosengeld bei Qualifizierung verlängern
    § Arbeitslosengeld orientiert an Lebensleistung länger zahlen
  1. KINDER ABSICHERN UND IHNEN BILDUNG UND TEILHABE ERMÖGLICHEN: EINE SOZIALDEMOKRATISCHE KINDERGRUNDSICHERUNG ENTWICKELN
  • Ø  Starke-Familien-Gesetz als Meilenstein
  • Ø  Sozialdemokratische Kindergrundsicherung
  • 1. Säule: finanzieller Bedarf des Kindes § 2. Säule: Infrastrukturleistungen
    § Kinder aus dem SGB II-Bezug holen
  1. DAS BÜRGERGELD – MEHR SICHERHEIT UND RESPEKT
  • Ø  Mehr Chancen auf Arbeit und Anerkennung von Leistung § Teilhabe durch den sozialen Arbeitsmarkt
    § Recht auf Nachholen einer Berufsausbildung
    § Bonus für Weiterbildung auf die Grundsicherung
  • Aufstocker durch die BA betreuen
  • Ø  Respekt und Bürgerfreundlichkeit beim Bürgergeld
    • §  2 Jahre Schutzzeit für die Heranziehung von Vermögen und die Überprüfung der

Wohnungsgröße

    • §  Reform des Wohngelds
    • §  neue Teilhabevereinbarung
    • §  Mitwirkungspflichten erhalten aber sinnwidrige und unwürdige Sanktionen abschaffen
    • §  Einfacher Zugang und respektvoller Umgang

 

Die Arbeitswelt verändert sich in hohem Tempo. Die Digitalisierung ist aus keinem Lebensbereich mehr wegzudenken und verändert die Welt, in der wir leben, in einem dramatischen Tempo. Der technologische Wandel der Arbeitswelt beschleunigt sich massiv – getrieben vor allem durch datenbasierte Geschäftsmodelle und die Künstliche Intelligenz. Arbeit verändert sich mit neuen Berufsbildern, Arbeitszeitmodellen und Qualifikationsanforderungen. Das eröffnet für Viele große Chancen und auch neue Arbeit. Es führt aber auch dazu, dass Menschen Sorge haben, ihren Arbeitsplatz zu verlieren oder nur noch schlecht bezahlte und unsichere Arbeit zu finden. Gleichzeitig erleben wir einen gesellschaftlichen Wertewandel. Die Erwartung an Arbeit, Arbeitszeiten und Weiterbildungsphasen und ihre Vereinbarkeit mit den jeweiligen Lebensentwürfen und aktuellen Lebenslagen verändern sich. Es ist Zeit für eine grundlegende Erneuerung der Absicherung von Arbeit.

Deutschland ist und bleibt eine Arbeitsgesellschaft. Durch den technologischen Wandel wird uns die Arbeit nicht ausgehen, sie wird sich nur stark und immer schneller verändern. Unsere Antwort darauf ist das „Recht auf Arbeit“. Das bedeutet, dass sich die Solidargemeinschaft dazu verpflichtet, sich um jeden Einzelnen zu kümmern und jedem Arbeit und Teilhabe zu ermöglichen – statt sich durch ein bedingungsloses Grundeinkommen von dieser Verantwortung freizukaufen. Wir teilen das Anliegen, Einkommenssicherheit im Lebensverlauf und mehr Zeitsouveränität zu schaffen. Doch wir halten das bedingungslose Grundeinkommen für falsch, denn es wird den Bedürfnissen der meisten nicht gerecht. Aus dem „Recht auf Arbeit“ hingegen leitet sich für den Einzelnen eine Vielzahl von konkreten Ansprüchen ab, die zu seiner jeweiligen Lebenssituation passen. Das „Recht auf Arbeit“ konsequent durchzubuchstabieren heißt für uns auch, einige Gewissheiten der vergangenen 20 Jahre auf den Prüfstand zu stellen und den Sozialstaat neu zu denken. Das sind unsere Leitlinien dafür:

  • §  Die Grundpfeiler unseres Sozialstaatsversprechens sind Arbeit, Solidarität, und Menschlichkeit.
  • §  Das heißt zunächst: Den Sozialstaat auf der einen Seiten und die Bürgerinnen und Bürger auf der anderen Seite verbinden gegenseitige Rechte und Pflichten.
  • §  Das heißt weiter: Die Leistungen des Sozialstaats sind soziale Rechte, die Bürgerinnen und Bürger zustehen. Sie sind Inhaberinnen und Inhaber dieser Rechte, keine Bittsteller.
  • §  Das heißt außerdem: Der Sozialstaat hat gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern eine Bringschuld, nicht andersrum die Bürgerinnen und Bürger gegenüber dem Sozialstaat eine Holschuld.
  • §  Und das heißt schließlich: Der Sozialstaat muss den Einzelnen und sein Schicksal respektieren. Er muss Instrumente schaffen, die den individuellen Anforderungen und unterschiedlichen Problemstellungen der Menschen gerecht werden.

Konkret bedeutet das für den neuen Sozialstaat in unserer neuen, veränderten Welt:

  • §  Wir müssen das System und den Apparat auf die flexiblen, sich ständig verändernden Bedingungen der Arbeitswelt ausrichten.
  • §  Der Sozialstaat soll das Leben der Menschen leichter und sicherer machen. Darum muss er möglichst unbürokratisch, transparent, verlässlich und ohne Hürden zugänglich sein.
  • §  Wir wollen den Sozialstaat aus der Perspektive derjenigen gestalten, die ihn brauchen – und nicht aus der Perspektive derjenigen, die ihn missbrauchen. Arbeitslosigkeit ist selten ein selbstgewähltes Schicksal.
  • §  Der Sozialstaat muss die Würde des Einzelnen achten. Unterstützung zu brauchen, darf niemals als Stigma empfunden werden.
  • §  Lebensleistungen müssen stärker anerkannt werden. Der Sozialstaat muss Abstiegsängsten entgegenwirken und neue Aufstiege ermöglichen.
  • §  Der neue Sozialstaat muss geschlechtergerecht sein und partnerschaftliche Lebensentwürfe bestmöglich unterstützen.
  • §  Der neue Sozialstaat ist ein inklusiver Sozialstaat.
  • §  Er schafft es, alle angemessen an seiner Finanzierung zu beteiligen – auch im Zeitalter der digitalen Konzerne.

Für einen solchen Sozialstaat zu kämpfen und eine neue solidarische Gesellschaft zu ermöglichen, verstehen wir als unseren Auftrag und Anspruch. In der Regierung sind wir bereits dabei, wichtige Schritte dorthin zu unternehmen – aber wir sind noch nicht am Ziel.

  1. CHANCEN UND SCHUTZ IN DER NEUEN ARBEITSWELT

Das „Recht auf Arbeit“ macht es uns zur wichtigsten Aufgabe, Arbeit aufzuwerten und die Position der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu stärken. Faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen bleiben auch in Zukunft der Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben. Sie waren und sind der Garant für soziale Teilhabe von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Um den Wandel der Arbeitswelt erfolgreich zu gestalten, brauchen wir den Interessenausgleich zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen. Deswegen müssen wir die Sozialpartnerschaft in Deutschland revitalisieren. Was die neuen Anforderungen an Weiterbildung und Qualifizierung, individuelle Zeitsouveränität und auch neue Arbeitsformen angeht, ist es aber eine unverzichtbare Aufgabe des Staates, genauer hinzuschauen und zugleich beides zu tun: die neue Arbeitswelt auf neue Chancen und für mehr Schutz für alle Menschen auszurichten.

DEN WERT DER ARBEIT STÄRKEN –

MEHR SOZIALPARTNERSCHAFT UND TARIFBINDUNG

Wir werden nur dann wirtschaftlich und sozial erfolgreich sein, wenn die Interessen auf Augenhöhe ausgehandelt werden. Die wirtschaftliche Entwicklung in anderen Ländern zeigt, dass gesellschaftliche Polarisierung letztlich zu Reformunfähigkeit führt. Im digitalen Wandel brauchen wir mehr Sozialpartnerschaft und Tarifbindung. Starke Tarifbindung führt zu besseren Löhnen und Arbeitsbedingungen und ist besser geeignet, Interessen auszugleichen als staatliche Vorgaben.

Was wir wollen:

Die Einführung des Mindestlohns war ein Quantensprung. Er muss aber weiter steigen. Die Sozialpartner brauchen daher einen besseren Rahmen, um ihrer Aufgabe für die Aushandlung eines angemessenen Mindestlohns in der Mindestlohnkommission gerecht werden zu können. Dafür werden wir das Mindestlohngesetz wie vereinbart 2020 evaluieren und weiterentwickeln. Unser Ziel ist die perspektivische Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro. Hier sollte die öffentliche Hand bei der Auftragsvergabe mit gutem Beispiel vorangehen. Dafür wollen wir auf Bundesebene ein Tariftreuegesetz mit einem Mindestlohn von 12 Euro schaffen.
Um das soziale Europa zu stärken, wollen wir zudem einen verbindlichen Rahmen für Mindestlöhne und Grundsicherungssysteme innerhalb der EU durchsetzen. Das sorgt für Zusammenhalt und fairen Wettbewerb.
Der Mindestlohn kann aber immer nur eine Untergrenze sein. Das Ziel sind anständige Tariflöhne. Sozialpartnerschaft ist ein öffentliches Gut, sie sorgt nicht nur für fairen Interessenausgleich, sondern stärkt den sozialen Zusammenhalt und die wirtschaftliche Stabilität. Der Staat kann die Arbeit der Sozialpartner nicht ersetzen, aber er muss Rahmenbedingungen schaffen, um Sozialpartnerschaft wieder zu stärken.
Wir begrüßen das klärende Urteil des Bundesarbeitsgerichts, dass Tarifverträge Gewerkschaftsmitglieder grundsätzlich besserstellen dürfen. Dies stellt einen Anreiz, aber eben keinen Zwang dar, in eine Gewerkschaft einzutreten. Sozialpartnerschaft ist im wirtschaftlichen und sozialen Interesse unseres Landes. Wir werden daher tarifgebundene Unternehmen steuerlich besserstellen als nicht-tarifgebundene Unternehmen. Es muss darüber hinaus einfacher werden, Tarifverträge für ganze Branchen verbindlich zu machen. Dafür werden wir das Vetorecht der Arbeitgeber bei Allgemeinverbindlicherklärungen von Tarifverträgen abschaffen, damit sie diese nicht mehr blockieren können. Wir werden die Mitbestimmung als das demokratische Prinzip und stabile Rückgrat der deutschen Wirtschaft stärken. Die Unterdrückung von Mitbestimmung wird härter bestraft.

Wir setzen uns dafür ein, dass 30 Jahre nach dem Mauerfall Löhne und Arbeitsbedingungen in Ost und West angeglichen werden.

NEUE ERWERBSFORMEN ABSICHERN

Der Wandel in der Arbeitswelt fördert neue Erwerbsformen und macht die individuellen Erwerbsverläufe vielfältiger. Er eröffnet neue Perspektiven, neue Chancen und neue

Gestaltungsmöglichkeiten. Die Entlohnung, die Arbeitsbedingungen und die individuelle Vorsorgepraxis vieler „neuer Selbständiger“ sind aber derart unterschiedlich, dass sie nicht über einen Kamm geschoren werden können. Gerade im Bereich der Hochqualifizierten ist flexible Projektarbeit auf Zeit nicht mehr wegzudenken, ebenso wenig wie gemischte Teams von internen und externen Beschäftigten sowie selbstständige Expertinnen und Experten, etwa bei Start-Ups und/oder im Innovations- und IKT-Bereich. Völlig anders ist die Situation bei vielen selbständigen Dienstleistungen im Niedriglohnbereich. Wir müssen daher insbesondere bei den so genannten „Solo-Selbständigen“ aktiv werden, um auch dort passgenaue Chancen zu ermöglichen und notwendigen Schutz zu erreichen.

Plattformen sind ein relativ neues Phänomen der Arbeitsorganisation, können aber als Vorboten neuer ökonomischer Strukturen verstanden werden. Sie verändern das klassische hierarchische Organisationsprinzip in Richtung von Netzwerkunternehmen. Sowohl im hochqualifizierten Beschäftigungssegment, wo in „agilen“ Teamformationen gearbeitet wird, als auch im prekären Organisationssegment wie bei den „klassischen“ Lieferplattformen, erleben wir sehr unterschiedliche Ausgestaltungsformen.

Allen gemein ist eine Entgrenzung der Betriebsorganisation mit erheblichen Folgen für die Beschäftigten: Neue Selbständigkeit, Werkverträge, Leiharbeit oder befristete Beschäftigung greifen in der Plattformwirtschaft mehr und mehr um sich. Zugleich erleben wir, dass Arbeit und Leben immer mehr ineinander übergehen, wodurch neue Belastungen in der Arbeitswelt entstehen. Mit der Folge, dass die Schutzfunktion des Arbeitsrechts in diesen hochflexiblen Unternehmens- und Arbeitsorganisationen nicht mehr greift.

Was wir wollen:

Das „Recht auf Arbeit“ heißt für uns, dass auch neue Erwerbsformen abgesichert sein müssen. Wir wollen sichere Selbständigkeit, und wir wollen gleichzeitig die Ausbeutung von Solo-Selbständigen beispielweise in der Plattformwirtschaft bekämpfen. Deshalb haben wir bereits den Mindestbeitrag zur Krankenversicherung für Selbständige halbiert und werden die Selbständigen in den Schutz der gesetzlichen Alterssicherung einbeziehen. Nur so können wir in dieser wachsenden Gruppe unserer Arbeitswelt Bedürftigkeit im Alter verhindern. Die Feststellung, ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig ist (Statusfeststellung), ist ein zentraler Hebel, um Scheinselbständigkeit zu verhindern und Transparenz über soziale und Arbeitsschutzrechte herzustellen. Sie muss einzelfallbezogen bleiben, um Einzelfallgerechtigkeit zu ermöglichen. Sowohl Unternehmen als auch Beschäftigte müssen aber früh Klarheit über den Erwerbstatus bekommen und zwar vor der eigentlichen Tätigkeitsaufnahme. Dies ist gerade für Solo-Selbständige besonders wichtig. Daher soll das selbst gewünschte Statusfeststellungsverfahren beschleunigt werden.

Die Plattformwirtschaft stellt uns vor eine doppelte Herausforderung: Zum einen unterstützen wir Geschäftsmodelle, die nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg zum Ziel haben und nicht die Ausbeutung von Selbständigen oder Beschäftigten. Plattformen, die sich nicht jedweder gesellschaftlicher Ethik entziehen, sondern ihrer Arbeitgeberverantwortung nachkommen, werden wir mit einem intelligenten rechtlichen Rahmen unterstützen. Plattformen sind keine neutralen „Dritten“ Sie sind Arbeitgeber wie andere Unternehmen auch. Daher werden wir klarstellen, dass Plattformen reguläre Betriebe sind. Wir werden einen neuen Betriebsbegriff entwickeln, der die Veränderung zu vernetzen Unternehmen abbildet und die Arbeitgeberfunktion verdeutlicht.

Zum anderen entstehen in der Plattformwirtschaft mehr und mehr hybride Arbeitsverhältnisse, die an der Grenze zwischen Selbständigkeit und abhängiger Beschäftigung liegen. In Österreich und Frankreich wurden rechtliche Rahmenbedingungen für solche Typen neuer Selbständigkeit geschaffen. Diese Modelle werden wir prüfen und Vorschläge für einen neuen Arbeitnehmerbegriff vorlegen. Ziel ist es, für die Beschäftigten in der Plattformwirtschaft Arbeitsrechte und Mindestarbeitsbedingungen ebenso zu sichern, wie Mindesthonorare oder den sozialen Schutz.

Soziale Rechte und faires Wirtschaften müssen auch in der Plattformwirtschaft ihren Stellenwert behalten. Digitalisierung statt Ausbeutung ist unsere Leitidee.

MEHR ZEITSOUVERÄNITÄT: ARBEIT, DIE ZUM LEBEN PASST

Arbeit muss zum Leben passen. Immer mehr Menschen wünschen sich aus den unterschiedlichsten Gründen mehr Souveränität über ihre Zeit. Wir brauchen Antworten auf die Wünsche nach mehr Flexibilität für Familie, Fürsorge, Pflege, aber auch für Weiterbildung oder soziales Engagement. Es geht um nichts weniger als einen neuen Flexibilitätskompromiss im digitalen Zeitalter und in einer neuen Arbeitswelt, in der Menschen die persönlichen Übergänge in ihrem Lebensverlauf einfach und selbstbestimmt organisieren wollen.

Was wir wollen:

Wir haben bereits mit der Brückenteilzeit (also der Möglichkeit, befristet auf Teilzeit zu gehen) ein Recht auf Teilzeit geschaffen. Insbesondere Frauen, die häufiger in Teilzeit arbeiten, landen dadurch nicht mehr so oft in der beruflichen Sackgasse. Daher wollen wir das Erfolgsmodell der Brückenteilzeit deutlich ausweiten, für mehr Beschäftigte in Deutschland öffnen und mit Anreizen für Qualifizierung und Weiterbildung verbinden. Es geht aber auch um mehr Freiheit für die Beschäftigten, Leben und Arbeiten miteinander zu verbinden. 40% der Beschäftigten in Deutschland könnten laut DIW theoretisch von zuhause arbeiten. Nur 12% der Beschäftigten bekommen ihren Wunsch nach flexibler Arbeit erfüllt. Die Unternehmen müssen sich – wo noch nicht geschehen – innovativen Formen des Arbeitens öffnen, die die Möglichkeiten der digitalen Technologien auch im Sinne der Ansprüche von Beschäftigten nutzt. Gute Unternehmen gehen hier voran: Für sie ist New Work gelebte Realität. Sie haben Regelungen für mobiles Arbeiten oder Homeoffice gefunden, die im Einklang mit Gesundheitsschutz und Vereinbarkeiten stehen. Sie werden wir unterstützen. Wir werden ein Recht auf mobiles Arbeiten und Homeoffice gesetzlich verankern, damit mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von den digitalen Vorteilen profitieren können. Wir werden aber auch Beschäftigte vor einer überbordenden Inanspruchnahme und der Anforderung einer ständigen Erreichbarkeit oder Präsenz durch den Arbeitgeber schützen. Wir werden das Recht auf Nichterreichbarkeit schützen und Arbeitszeitmodelle unterstützen, die die Gesundheit von Beschäftigten stärken. Für Arbeitszeitkonten wollen wir die Übertragbarkeit beim Unternehmenswechsel ermöglichen.

Immer mehr Frauen und Männer wollen sich Erwerbsarbeit und Familienarbeit partnerschaftlich aufteilen, aber viele scheitern dabei an den Hürden des Alltags und einem Arbeitsmarkt, der immer noch vom Ideal der männlichen Vollzeitkraft ausgeht. Wir werden darum partnerschaftliche Arbeitszeitmodelle unterstützen, damit aktive Vaterschaft gelebt werden kann und beide Eltern beruflich erfolgreich sein können.

So erleichtert das Modell der Familienarbeitszeit die flexiblere Verteilung von Zeiten für die Arbeit, für Kinder und Familie oder auch Pflege und sichert mit dem Familiengeld zugleich partnerschaftliche Lebensentwürfe und wirtschaftliche Stabilität.

Um mehr Gestaltungsfreiheit im Lebensverlauf zu ermöglichen, schlagen wir vor, dass der Staat für jede Bürgerin und jeden Bürger ein Zeitkonto einrichtet. Denn nicht nur reiche Erben sollen im Verlauf ihres Erwerbslebens Mut zu Veränderungen haben dürfen. Die Idee eines Persönlichen Zeitkontos orientiert sich an tariflichen Vorbildern. Basis eines solchen Zeitkontos sollen Einzahlungen der Beschäftigten sein, so dass auf diesem Konto Zeit angespart wird, die durch Tarifverträge oder durch den Staat für besondere förderungswürdige Zwecke zusätzlich aufgestockt werden kann, z.B. für Fort- und Weiterbildungen. Der Vorteil ist, dass auf diese Weise Überstunden nicht verloren gehen, sondern sich in ein Zeitguthaben verwandeln, das im Lebensverlauf mehr Freiheit ermöglicht. Wenn man beispielsweise den Betrieb wechselt, gehen die Stunden nicht verloren sondern sind transportierbar; sie bleiben auf dem Zeitkonto – sie wandern, staatlich abgesichert, mit zum neuen Arbeitgeber oder mit zur neuen Beschäftigung. Zusätzlich kann für das Zeitkonto ein zeitliches Startguthaben vorgesehen werden.
Das persönliche Zeitkonto wirkt in drei Richtungen: Zum einen werden Auszeiten für Pflege, Betreuung, Kindererziehung, Qualifizierung oder auch die Verkürzung von Arbeitszeiten erleichtert. Zum Zweiten erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine Möglichkeit auf Qualifizierung und Weiterbildung, die sie vom Arbeitgeber unabhängig in Anspruch nehmen können. Beschäftigte erhalten drittens aber auch die Chance auf Vorbereitung und Umsetzung einer Unternehmensgründung.

MEHR CHANCEN IN DER ARBEITSWELT

Die technologische Entwicklung wird unsere Arbeitswelt massiv verändern. Die OECD geht davon aus, dass sich mehr als 35 Prozent aller Berufe bis 2030 grundlegend wandeln werden. Zudem wird es in einzelnen Branchen eine zunehmende Nachfrage nach Fachkräften geben, während es in anderen einen Arbeitskräfteüberschuss gibt. All das erfordert von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern immer häufiger Tätigkeitswechsel. Den Bildungs- und Berufsweg, der traditionell nach Schule und Ausbildung bzw. Studium vor allem das Ausüben von ein und demselben Beruf vorsah, wird es so künftig immer weniger geben. Darum ist es die Aufgabe der Solidargemeinschaft, den Einzelnen bestmöglich dabei zu unterstützen, dass er sich in seiner Beschäftigung weiterqualifizieren, seinen beruflichen Spielraum erweitern kann und die bestmöglichen Leistungen für Gesundheitsschutz und Prävention am Arbeitsplatz erhält. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Modellprojekt „Ü45-Check“ – hier

Herausgeber: SPD-Parteivorstand, Wilhelmstraße 141, 10963 Berlin.

geht es darum, frühzeitig festzustellen, ob jemand in seinem Beruf durchhalten kann bzw. berufsbezogene Gesundheitsrisiken festzustellen. Ein gesundes Arbeitsleben ist ebenso Voraussetzung dafür, dass Menschen gar nicht erst arbeitslos werden, wie gute Bildung und Qualifizierung.

Aus dem „Recht auf Arbeit“ leiten wir ab, dass die solidarische Arbeitsversicherung dafür sorgt, dass Arbeitslosigkeit möglichst gar nicht erst eintritt. Das am 1. Januar 2019 in Kraft tretende Qualifizierungschancengesetz ist dafür ein Meilenstein, weil es die Weiterbildungsförderung Beschäftigter verbessert, deren berufliche Tätigkeiten durch Technologien ersetzt werden können. Mit dem Qualifizierungschancengesetz geht bereits jetzt ein Recht auf Weiterbildungsberatung einher.

Was wir wollen:

Wir werden dieses Beratungsrecht zu einem gesetzlich verankerten Rechtsanspruch auf Weiterbildung ausweiten. Dieses ermöglicht Beschäftigten im Strukturwandel ihre Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten. Für diejenigen, deren Jobs durch den technologischen Wandel wegfallen, schaffen wir darüber hinaus eine Qualifizierungsgarantie. Kern dieser Qualifizierungsgarantie ist der Anspruch auf Umschulung, sofern der Arbeitsplatz wegzufallen droht, gepaart mit der Absicherung durch eine Lohnersatzleistung. Wer sich auf den Weg macht, im Arbeitsleben einen neuen Beruf zu erlernen, soll gefördert und nicht durch Lohneinbußen benachteiligt werden.

Daneben ist ein fehlender Berufsabschluss weiterhin der größte persönliche Risikofaktor sowohl für den Verlust des Arbeitsplatzes wie für eine spätere Bedürftigkeit. Deswegen werden wir auch das dritte Umschulungsjahr finanzieren.
Auf diese Weise entwickeln wir die Arbeitslosenversicherung Schritt für Schritt zu einer solidarischen Arbeitsversicherung weiter, die nicht nur bei Arbeitslosigkeit auf den Plan tritt, sondern dabei hilft, dass Arbeitslosigkeit gar nicht erst eintritt. Das erfordert den Aufbau eines flächendeckenden, qualitativ hochwertigen Beratungsangebotes durch eine Bundesagentur für Arbeit, die zur Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung weiterentwickelt wird.

ANERKENNUNG VON LEBENSLEISTUNG IN DER SOLIDARISCHEN

ARBEITSVERSICHERUNG

Viele Menschen treibt die Sorge vor sozialem Abstieg bei Verlust des Arbeitsplatzes um. Sie befürchten, bereits nach einem Jahr gleichgestellt zu werden mit Menschen, die lange nicht oder gar nicht gearbeitet haben. Dass Arbeit und längere Beitragszeiten hier oft keinen Unterschied machen, wird als zutiefst ungerecht empfunden.
Neue Arbeitsformen, wie projektbezogenes Arbeiten, oder Umbrüche durch Strukturwandel führen dazu, dass Menschen unregelmäßige und unterbrochene Arbeitszeiten haben. Daran muss sich die solidarische Arbeitsversicherung anpassen, damit mehr Menschen in Schutz der Versicherung kommen. Deshalb haben wir bereits den Schutz der Arbeitslosenversicherung erweitert und somit schon jetzt mehr Beschäftigten die Zeit gegeben, die Mindestversicherungszeit zusammen zu bekommen.

Was wir wollen:

Wir werden die Bedingungen für den Zugang zum Versicherungsschutz auf Arbeitslosengeld noch weiter erleichtern und damit mehr Menschen, die in neuen Beschäftigungsformen oder in unsteten Arbeitsbiographien arbeiten, ebenfalls absichern.

Darüber hinaus wollen wir eine solidarische Arbeitsversicherung, die Lebensleistung stärker anerkennt und gleichzeitig neue Einstiege und Aufstiege ermöglicht. Dazu gehört, die Bezugszeit des Arbeitslosengeld I (ALG I) deutlich zu verlängern – und zwar in zweierlei Hinsicht.

Wir wollen erstens einen Leistungsanspruch für Qualifizierung einführen, das Arbeitslosengeld-Q: Alle, die nach drei Monaten im ALG-I keine neue Arbeit gefunden haben, erhalten einen Anspruch auf eine gezielte Weiterbildungsmaßnahme und auf das damit verbundene Arbeitslosengeld-Q, das in der Höhe dem ALG-I entspricht. Das ALG Q wird in Zukunft 12 Monate lang nicht mehr auf den ALG I- Anspruch angerechnet, danach bleibt es dabei, dass der ALG-I Anspruch zur Hälfte anrechnungsfrei ist. Die Weiterbildung mit ALG Q kann insgesamt bis zu 24 Monaten gewährt werden.
Damit verlängert sich für diejenigen, die sich weiter qualifizieren, der Anspruch auf ALG I deutlich – und die Chancen, einen neuen Arbeitsplatz zu finden, steigen. Zweitens wollen wir zusätzlich zu den gelten Regelungen die Bezugszeit des Arbeitslosengeldes stärker an der Lebensleistung ausrichten indem wir Beschäftigten, die langjährig Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet haben, auch einen längeren Arbeitslosengeldanspruch sichern. Unabhängig vom Alter erhöht sich die Anspruchszeit bei mindestens 20 Jahren Beitragszeit um 3 weitere Monate, ab 25 Jahren um 6 Monate und ab 30 Jahren um 9 Monate. Bei einem Arbeitslosengeldanspruch von über 24 Monaten wird die Anrechnung von ALG Q-Zeiten degressiv so ausgestaltet, dass insgesamt eine maximale Bezugsdauer von 36 Monaten möglich wird. Das Modell soll so ausgestaltet werden, dass die Regelung bei Arbeitgebern nicht den falschen Anreiz entstehen lässt, ältere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer aus Betrieben zu drängen – z.B. durch eine Anrechnung von Abfindungen.

  1. KINDER ABSICHERN UND IHNEN BILDUNG
    UND TEILHABE ERMÖGLICHEN: EINE SOZIALDEMOKRATISCHE KINDERGRUNDSICHERUNG ENTWICKELN

Den meisten Kindern und Jugendlichen in Deutschland geht es gut: Sie gehen in gute Kitas und gute Schulen, werden von ihren Eltern intensiv gefördert, treiben Sport, spielen Instrumente und entdecken mit ihren Freunden die Welt – vor der Haustür, im Netz und unterwegs.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass jedes fünfte Kind in unterschiedlicher Form von Armut betroffen ist. Kinder erleben aufgrund der Arbeitslosigkeit der Eltern oder der Tatsache, dass ihre Eltern geringe Einkommen haben, Armut und soziale Ausgrenzung. Finanzielle Armut der Familien geht oft einher mit geringeren Bildungs- und Teilhabechancen ihrer Kinder. Fast die Hälfte der Kinder im SGB II-Bezug kommt aus alleinerziehenden Haushalten.
Für uns ist klar: In einem reichen Land wie Deutschland darf kein Kind in Armut aufwachsen – und Kinder dürfen für ihre Eltern kein Armutsrisiko sein. Familien dürfen nicht deshalb in der Grundsicherung landen, weil ihr Einkommen nicht auch für den Bedarf der Kinder reicht. Wir wollen die bestmögliche Entwicklung für alle Kinder. Und dafür muss sowohl der finanzielle Bedarf als auch ein gutes Angebot für Teilhabe und Bildung sichergestellt sein.

Deshalb haben wir das Starke-Familien-Gesetz auf den Weg gebracht, das das Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder in der Grundsicherung und für Kinder von Kinderzuschlags-Beziehern ausweitet, das jährliche Schulbedarfspaket anhebt sowie für ein kostenfreies Mittagessen und Schülerbeförderung sorgt. Zudem wird der Kinderzuschlag für Familien mit niedrigem Einkommen erhöht und ausgeweitet. Um bedürftige Familien besser zu erreichen, eröffnen wir den Zugang zum Kinderzuschlag auch für viele, die bisher ohne Unterstützung geblieben sind und befreien sie gleichzeitig von den KiTa-Gebühren. Mit diesen Maßnahmen helfen wir auch Alleinerziehenden direkt und schnell.

Was wir wollen:

Wir wollen eine Kindergrundsicherung, die sich an alle Kinder in Deutschland richtet und ihnen ein gutes und gesundes Aufwachsen ermöglicht. Dabei führen wir bislang einzeln ausgezahlte, einzeln zu beantragende und zum Teil aufeinander anzurechnende Leistungen (wie etwa Kindergeld, Kinderfreibetrag, Kinderzuschlag, Bildungs- und Teilhabepaket oder Leistungen aus dem SGB II) zu einer Kindergrundsicherung zusammen und vereinfachen das System auf diese Weise. Hierfür wollen wir auch die Schnittstellen zum Wohngeld und zu Unterhaltsvorschussleistungen besser abstimmen. Davon profitieren insbesondere Kinder von Alleinerziehenden.

Unsere sozialdemokratische Kindergrundsicherung besteht aus zwei Säulen: Sie orientiert sich nicht nur am finanziellen Bedarf eines Kindes, sondern berücksichtigt auch die Infrastrukturleistungen in Kita, Schule, Ganztagsbetreuung und Teilhabe an Förderangeboten. Die beiden Säulen „individuelle Grundsicherung“ und „infrastrukturelle Förderung“ machen die neue Leistung aus. Wir wollen deswegen, dass auf bundes-, länder- und kommunaler Ebene mehr Strukturen wie Kita, Schule, Ganztagsbetreuung, Mittagessen und Mobilität kostenfrei werden. Aber auch Teilhabe und Zugang zu Kultur muss für alle bezahlbar sein. Es ist außerdem ein besonderes Anliegen der Sozialdemokratie, dass kein Kind mit Behinderung irgendwelche Nachteile dadurch erfährt. Deshalb müssen all diese Bereiche barrierefrei ausgestaltet werden.

Wir wollen weiterhin, dass Kinder als Teil ihrer Familie betrachtet werden. Deswegen orientiert sich die Kindergrundsicherung am Einkommen der Eltern. Sie baut auf den Verbesserungen durch das Starke-Familien-Gesetz und den damit verbundenen verbesserten Leistungen im Kinderzuschlag und im Bildungs- und Teilhabepaket auf und entwickelt diese Schritt für Schritt weiter.

Mit der neuen Kindergrundsicherung wollen wir ganzheitlich ansetzen: Sie setzt sich deswegen aus dem Existenzminimum und dem Entwicklungsbedarf eines Kindes zusammen. Das Starke-Familien- Gesetz sichert erstmals Eltern mit kleinen Einkommen im Kinderzuschlag das Existenzminimum von 408 Euro pro Kind und Monat. Auf dieser Grundlage wird die sozialdemokratische Kindergrundsicherung konzipiert. Das Einkommen der Eltern bleibt dabei Orientierung. Die Höhe des Entwicklungsbedarfs ist noch sachgerecht zu bestimmen.

Wir wollen Kinder aus dem SGB II-Bezug holen. Das SGB II-System ist darauf ausgerichtet, Erwerbssuchende zu betreuen und sie in Arbeit zu vermitteln. Beides trifft auf Kinder und ihre Bedürfnisse nicht zu. Sie brauchen kindgerechte, auf Bildungs- und Teilhabechancen ausgerichtete Betreuung und Förderung. Dabei werden wir auch das bisherige Modell der Bedarfsgemeinschaft neu bestimmen und somit die Lebensentwürfe von Familien besser berücksichtigen.

Der beste Weg, Armut von Kindern zu verhindern, ist es, ihre Eltern in gut entlohnte Arbeit zu bringen. Wir erkennen auch bei der Ausgestaltung der Kindergrundsicherung den Wert der Arbeit an und belohnen Arbeit. Wir wollen, dass es sich für Eltern mit kleinen Einkommen lohnt, mehr Erwerbseinkommen zu erzielen. Uns ist wichtig, dass Eltern nicht aufgrund ihrer Kinder in Armut fallen.

Unsere Kindergrundsicherung wird eine unbürokratische und leicht verständliche Leistung sein, weil sie den Familien aktiv angeboten wird und digital beantragt werden kann. Der „Kinderzuschlag Digital“, der im Jahr 2019 eingeführt wird, ist der erste Schritt dazu.

Wir wollen, dass es jedes Kind packt. Deswegen ist uns auch jedes Kind gleich viel wert. Eltern mit höheren Einkommen dürfen in Zukunft nicht mehr Leistungen für die elterliche Betreuung und Erziehung erhalten, als Familien mit weniger Einkommen.

  1. DAS BÜRGERGELD: MEHR SICHERHEIT UND RESPEKT

MEHR CHANCEN AUF ARBEIT UND ANERKENNUNG VON LEISTUNG

Ein Recht auf Arbeit heißt für uns, dass die Solidargemeinschaften Menschen, die arbeiten können, konkrete Arbeitsangebote macht und so Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanziert. Deswegen haben wir bereits den sozialen Arbeitsmarkt eingeführt. Langzeitarbeitslose Menschen erhalten damit eine neue Perspektive in sozialversicherungspflichtiger Arbeit und Teilhabe an der Gesellschaft.

Was wir wollen:

Wir wollen die bestehende Grundsicherung grundlegend verändern und schaffen deswegen mit dem Bürgergeld einen Leistungsanspruch für Absicherung und Teilhabe (Recht auf Arbeit). Das „Recht auf Arbeit“ heißt für uns, dass die Bürgerinnen und Bürger ein passgenaues Angebot auf Weiterbildung/Qualifizierung oder auch ein Angebot auf Arbeit erhalten. Dafür werden wir perspektivisch den sozialen Arbeitsmarkt ausweiten. Ebenfalls einführen wollen wir für alle diejenigen, das Bürgergeld erhalten und ohne Berufsabschluss sind, ein gesetzliches Recht auf Förderung des Nachholens eines Berufsabschlusses, das mit Unterstützungsangeboten flankiert wird. Die bisherige Regelung, dass nur zwei Jahre gefördert werden, halten wir für unsinnig, da viele Abschlüsse drei Jahre dauern, daher wollen wir auch Qualifizierungsmaßnahmen förderfähig machen, die länger als zwei Jahre dauern oder auch eine vollständige Berufsausbildung umfassen. Zum Bürgergeld gehört für uns auch ein monatlicher Bonus für Weiterbildung.

Viele Beschäftigte sind derzeit aufgrund von niedrigen Löhnen und/oder reduzierter Arbeitszeit auf ergänzendes Arbeitslosengeld II angewiesen. Das wird von vielen täglich arbeitenden Menschen als ungerecht und als Mangel an Respekt vor ihrer Leistung empfunden. Niemand, der arbeitet – schon gar nicht jemand, der Vollzeit arbeitet – sollte sein Einkommen aufstocken müssen. Ausnahmslos jede von Menschen verrichtete Arbeit ist es wert so bezahlt zu werden, dass man davon leben kann. Das gehört zu den sozialdemokratischen Grundwerten. Darum gilt es, den Niedriglohnsektor einzudämmen. Hier sind ein höherer Mindestlohn, starke Tarifbindung und mehr Vollzeit-Optionen die besten Mittel. Sobald der gesetzliche Mindestlohn auf 12 Euro angestiegen ist, entstehen auch Spielräume, die Zuverdienstmöglichkeiten im solidarischen Bürgergeld zu erweitern.

Diejenigen, die arbeiten und Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zahlen, aber trotzdem auf ergänzende Leistungen angewiesen sind, sollen in Zukunft von der Bundesagentur für Arbeit betreut werden. Bislang gilt das nur für diejenigen „Aufstocker“, deren ALG I nicht ausreicht. In Zukunft sollen aber alle beitragszahlenden Erwerbstätigen bei der BA betreut werden.

RESPEKT UND BÜRGERFREUNDLICHKEIT BEIM BÜRGERGELD

Unterstützung auch bei längerer Arbeitslosigkeit ist ein soziales Recht – niemand darf sich deswegen stigmatisiert fühlen. Das Bürgergeld steht für ein neues Verständnis eines empathischen, unterstützenden und bürgernahen Sozialstaats – und dieses neue Verständnis verlangt weitreichende Veränderungen der Praxis gerade im Hinblick auf mehr Respekt vor der Lebensleistung des Einzelnen, den Umgang miteinander bei Konflikten und nicht zuletzt bei Sprache, Beratung und Betreuung sowie der Transparenz seines Handelns.

Was wir wollen:

Beim Übergang von ALG-I in das Bürgergeld muss die Lebensleistung besser anerkannt und geschützt werden. Der vorübergehende Bezug des Bürgergeldes darf sich nicht sofort auf den Wohnort auswirken oder Menschen zwingen, das Gesparte aufzubrauchen.
Wir wollen Menschen diese Sorgen nehmen und sie dabei unterstützen, sich auf die Arbeitsplatzsuche konzentrieren zu können. Deswegen werden wir bei denjenigen, die aus dem Bezug von ALG I kommen, für zwei Jahre Vermögen und die Wohnungsgröße nicht überprüfen. Wir wollen auch denSchutz von selbst genutztem Wohneigentum ausweiten und eine entsprechende Regelung für Mieter schaffen. Niemand, der auf den Bezug des Bürgergelds angewiesen ist, soll in dieser Zeit seine Wohnung verlassen müssen.
Gleichzeitig werden wir durch die Reform des Wohngeldes dafür sorgen, dass niemand nur aufgrund hoher Wohnkosten auf Bürgergeld angewiesen sein muss.

Das Bürgergeld wird Regelungen beinhalten, mit denen speziellen Bedarfen und Härten begegnet werden kann, zum Beispiel für den Fall, dass plötzlich die Waschmaschine kaputtgeht und gleichzeitig die alte Winterjacke aufgetragen ist.

Das Bürgergeld ist ein soziales Bürgerrecht. Es basiert auf dem Solidaritätsprinzip und auf der Grundannahme, dass die Menschen den Sozialstaat brauchen und ihn nicht missbrauchen. Natürlich brauchen wir Mitwirkungspflichten, denn Rechte und Pflichten sind in einer Solidargemeinschaft zwei Seiten einer Medaille. Beim Bürgergeld sind Anreize, gezielte Hilfen und Ermutigung wichtiger als Sanktionen. Sinnwidrige und unwürdige Sanktionen gehören abgeschafft. Die strengeren Sanktionen von unter 25-Jährigen sind sogar offenkundig kontraproduktiv. Auch darf niemand wegen Sanktionen Angst haben, obdachlos zu werden, daher wollen wir die Kürzung der Wohnkosten abschaffen. Eine komplette Streichung von Leistungen soll es nicht mehr geben.

Jede Bürgerin und jeder Bürger hat gegenüber dem Sozialstaat Anspruch auf einen würde- und respektvollen Umgang, auf eine Partnerschaft auf Augenhöhe und auf einfache und verständliche Verfahren. Nicht selten entzünden sich hieran Konflikte, weil die Verfahren als bürokratisch und abweisend wahrgenommen und sich wechselseitig mangelnde Zusammenarbeit und Missachtung, aber auch Bevormundung unterstellt wird. Wenn wir hieran nichts ändern, werden alle anderen Maßnahmen ins Leere greifen, weil die Basis für die gemeinsame Anstrengung zur Überwindung der Bedürftigkeit nicht gegeben ist. Deshalb werden wir kurzfristig die Formulare, Anträge und Bescheide überarbeiten und schrittweise durch schlanke, verständliche und transparente Lösungen vereinfachen. Sollte das nicht ausreichen, werden wir über die Einführung von Lotsen nachdenken, die den Betroffenen beim Ausfüllen der Formulare zur Seite stehen und sie durch den Prozess der Antragsstellung begleiten. Vor allem aber werden wir die Eingliederungsvereinbarung, den grundlegenden Vertrag zwischen den Erwerbssuchenden und dem Jobcenter, ablösen durch eine Teilhabevereinbarung, die die Interessen der Bürgergeldbezieher stärker berücksichtigt und einer partnerschaftlichen Vereinbarung auf Augenhöhe besser entspricht. Wir wollen auch in der Leistungsgewährung durch einen Betreuungsschlüssel ausreichend Personal sicherstellen, um eine intensivere Betreuung zu ermöglichen und Überlastungssituationen zu verhindern. Durch Anhebung der Bagatellgrenze wollen wir ökonomisch unsinnige Rückforderungen künftig vermeiden, die auf allen Seiten nur Ärger produzieren.

Wir wollen einen Sozialstaat, der seine Leistungen nicht versteckt, sondern der als Lotse fungiert und Bürgerinnen und Bürger, die sich an seine Institutionen wenden, darüber aufklärt, welche Hilfe sie erhalten können und wie. Es geht darum, es Menschen in einer schwierigen Situation nicht noch zusätzlich schwer zu machen. Wer Unterstützung benötigt, fühlt sich oft wie in einem Verwaltungs- Labyrinth. Das darf nicht so bleiben. Es ist von Bürgerinnen und Bürgern nicht zu erwarten und es ist auch nicht nötig, dass sie sich um die Frage kümmern, in welchem Rechtskreis sie sich befinden: Sie haben schlicht einen Anspruch darauf, einfach und verständlich Hilfe zu erhalten. Dazu gehört in einem menschlichen Sozialstaat auch, dass Bescheide und Behördenschriftwechsel in einer verständlichen Sprache abgefasst sind. Wir wollen niedrigschwellige und bürgerfreundliche Zugangsmöglichkeiten wie aus einer Hand für alle Fragen des Sozialstaats schaffen, die einen unbürokratischen Klärungsweg auch über unabhängige Beratungsstellen eröffnen. Zudem wollen wir die Verfahren beim Bürgergeld digital umsetzen und in einem Portal online zugänglich machen, um Transparenz zu schaffen, Hürden zu senken und effizienter mit der Zeit der Bürgerinnen und Bürger wie der Fallmanager umzugehen. Am Ende bleibt mehr Zeit für das Wesentliche, das vertrauensvolle Betreuungs- und Beratungsgespräch und die gemeinsame Entwicklung von möglichen Lösungswegen und Perspektiven.

Die Kategorien im Überblick:

Leistungsanspruch für Arbeitssuchende: Arbeitslosengeld (I) Leistungsanspruch für Qualifizierung: Arbeitslosengeld Q Leistungsanspruch für Kinder: Kindergrundsicherung Leistungsanspruch für Absicherung und Teilhabe: Bürgergeld

Herausgeber: SPD-Parteivorstand, Wilhelmstraße 141, 10963 Berlin.

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